Issues brief

Pflanzliche öle und biodiversität

  • Ölsaaten nehmen etwa 37% der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche ein, und die Nachfrage nach Öl steigt.
  • Bis 2050 könnte die erwartete Nachfrage nach Pflanzenölen einen Produktionszuwachs von 14% erfordern – eine potenzielle Bedrohung für die Biodiversität, wenn Naturräume für den  Anbau von Pflanzenöl gerodet werden.
  • Während pflanzliche Öle ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung sind, hat der Anbau von Ölsaaten eine Reihe von ökologischen und sozialen Folgen.
  • Wir können die Auswirkungen von Pflanzenölen auf die Biodiversität begrenzen, wenn nachhaltige Produktionsmethoden angewendet werden: indem die Ausbreitung von Ölsaaten in natürliche Ökosysteme verhindert wird, die aktuelle Ernteerträge gesteigert werden, Ölsaaten   primär in Lebensmitteln und nicht als Tierfutter oder Biokraftstoffe verwendet werden, und wenn synthetische Öle in viel größeren Mengen verfügbar werden.

Mai 2024

Mike Mozart/Flickr

Was ist das Problem?

Ölsaaten – Pflanzensamen und Früchte von      Sojabohnen und Sonnenblumen bis hin zu Palmfrüchten und Kokosnüssen - nehmen weltweit rund 543 Millionen Hektar Land ein, was ungefähr 37% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht.

Die für die Erzeugung von Pflanzenölen genutzte Anbaufläche nimmt zu, und es wird erwartet, dass sich dies weiterhin fortsetzt. Die Ausdehnung der Ackerflächen für Ölsaaten hat diejenigen anderer Agrarrohstoffe übertroffen. Je nachdem, wie und wo Ölsaaten angebaut werden, wirkt sich dies negativ auf die Biodiversität aus, wenn natürliche Ökosysteme für neue Plantagen gerodet werden.

Geht man davon aus, dass kein weiteres Pflanzenöl für Nichtnahrungszwecke umgeleitet wird – derzeit werden 28% der Ölsaaten für Biodiesel, Tierfutter und industrielle Anwendungen verwendet – müsste die Produktion von Pflanzenölen um 14% steigen, um die geschätzte Weltbevölkerung von 9,7 Milliarden Menschen bis 2050 zu ernähren.

Die Art und Weise des Gemüseanbaus kann einen entscheidenden Einfluss auf die Biodiversität haben. Die zunehmende Pflanzenölproduktion kann zu Entwaldung, zur Verdrängung und zum Verlust von Arten und sogar zu lokalen Veränderungen des Mikroklimas führen.

Die größten Gefahren für die Biodiversität ergeben sich aus der Ausbreitung tropischer Nutzpflanzen wie Ölpalmen und Sojabohnen in Wald- und Savannenökosystemen. Die Umwandlung von natürlichem Grasland und Grassavannen ist ebenfalls im Gange, während die Ausbreitung von Ölsaaten in borealen Ökosystemen ein weiteres Problem darstellt.

Wieso ist das wichtig?

Vegetable oils infographic
IUCN

Menschen benötigen Fettsäuren. Bei einer gesunden Diät machen Fette 25-35% des täglichen Energiebedarfs eines Erwachsenen aus und liefern essenzielle Fettsäuren und fettlösliche Vitamine. Das Fett, das wir heute zu uns nehmen, stammt vorwiegend aus pflanzlichen Ölen und dessen Produktion ist ein wichtiger Bestandteil unseres Ernährungssystems.

Gleichzeitig kann die Herstellung aller Pflanzenöle schwerwiegende Umweltauswirkungen haben – vor allem, wenn sie industriell in großen Monokulturen produziert werden. So hat zum Beispiel die Olivenölproduktion mit 14.500 m3 pro Tonne den höchsten Wasserfußabdruck, gefolgt von Leinsamen-, Erdnuss- und Sonnenblumenöl. Für Baumwollsamen-, Soja-, Raps-, Kokos- und Palmöl werden Mengen zwischen 3.800 und 5.000 m3 pro Tonne benötigt.

Palmöl hat weltweit das größte Produktionsvolumen aller Pflanzenöle. Es hat auch den höchsten Ernteertrag und liefert im Vergleich zu allen anderen Ölsaaten die höchste Ölproduktion pro Anbaufläche, während Olivenöl unter den Hauptölsaaten am wenigsten effizient ist, aber die mit Palmöl  verbundenen Treibhausgasemissionen sind jedoch im Allgemeinen hoch, da die Herstellung häufig mit der Abholzung von Tropenwäldern verknüpft ist.

Im Allgemeinen ist die zunehmende Landwirtschaft die Hauptursache für den weltweiten Rückgang der Biodiversität, die einen hohen Beitrag zur Stickstoff- und Phosphorbelastung leistet, und steht im Zusammenhang mit Bodendegradation und Süßwassermangel. Von 2003 bis 2019 wuchs die weltweite Anbaufläche um 9%, vor allem in Afrika und Südamerika, wobei etwa die Hälfte (49%) der neuen Anbaufläche die natürliche Vegetation ersetzte. Der Bedarf an solchen Landnutzungsänderungen durch industrielle Landwirtschaft ist in Afrika und Südamerika am   größten.

sj liew/Flickr

Was kann getan werden?

Spezifische Praktiken im Zusammenhang mit dem Anbau und der Herstellung von pflanzlichen Ölen können schädlich für die Biodiversität und das Klima sein. Tatsächlich zeigen wissenschaftliche   Studien ein einheitliches Muster: Je intensiver die Landbewirtschaftung – einschließlich Monokulturen, Bewässerung und dem Fehlen einer natürlichen    Vegetation in der Nähe – desto geringer ist die     Biodiversität. Dieses Muster scheint für alle Ölsaaten zu gelten. Anders gesagt: Die Produktionspraktiken bestimmen einen Großteil der Auswirkungen auf die Biodiversität.

Obwohl alle Ölsaaten landwirtschaftliche nutzbare Flächen beanspruchen, können sie aber auch so bewirtschaftet werden, sodass die Auswirkungen auf die Biodiversität verringert wird.  

Alle Interessenträger müssen sich überlegen, wie und wo sie am besten Ölsaaten anbauen, wer davon profitiert und wie ihre Auswirkungen minimiert werden können.

Methoden spielen eine Rolle: Die Schäden, die der Anbau von Ölsaaten für die Natur und die Bevölkerung mit sich bringt, hängen davon ab, wie und wo sie hergestellt, finanziert, gehandelt, spekuliert und konsumiert werden. Um den Schaden zu minimieren, müssen sich die Interessenträger auf bewährte Verfahren entlang der         Wertschöpfungskette konzentrieren. Regenerative Landwirtschaft, Agroforstwirtschaft und agrochemische Maßstäbe sowie faire Arbeitsbedingungen sind Beispiele für gute Praktiken. In einer Fallstudie in Indonesien zum Beispiel förderte das Belassen einer kleinen Anzahl  einheimischer Bäume auf einer Palmöl-Plantage die Biodiversität, ohne den Gesamtertrag an Öl signifikant zu beeinträchtigen.

Verhinderung der Ausbreitung von Ölsaaten in natürliche Ökosysteme: Die Zunahme der Pflanzenölproduktion, die erforderlich ist, um die erwartete Nachfrage bis 2050 zu befriedigen, könnte Millionen von zusätzlichen Hektaren Anbaufläche   benötigen. Diese Nachfrage kann mit einer  geringeren Ausweitung in natürliche Ökosysteme   gedeckt werden, wenn:

  • Neue Richtlinien verlangen, dass die Ausweitung des Ölsaatanbaus nicht zu einer Umwandlung natürlicher Ökosysteme führt.
  • Synthetisches Öl wird erhältlich. Synthetische Öle können eine Lösung sein, aber sie benötigen viel Rohstoff (da die Mikroben Nährstoffe benötigen) und Energie.
  • Es wird investiert, um die Ernteerträge in den kleinbäuerlichen Betrieben zu       steigern. In Afrika, Asien und Lateinamerika gibt es mindestens 270 Millionen Kleinbauern, die über 70-80% der globalen Nahrungsmittelversorgung produzieren, aber aufgrund fehlender Skaleneffekte, schwache Produktivität, begrenztem Sachverstand und Produktionsmitteln lebt die Mehrheit dieser Bauern jedoch in Armut mit geringen Ernteerträgen. Die Unterstützung von Kleinbauern würde auch diversifizierte  Ernährungssysteme verbessern,  einschließlich z. B. mehr Mischkulturen und Agroforstwirtschaft, die vielversprechende Möglichkeiten für die Pflanzenölproduktion und die Biodiversität bieten.
  • Die richtigen Investitionen werden getätigt. Investitionen sind entscheidend, um den wachsenden Bedarf an Pflanzenölen zu befriedigen, insbesondere in Afrika, wo das schnellste Bevölkerungswachstum sowie die größte Nachfrage erwartet wird. Banken und andere Interessenträger müssen damit anfangen, in gut bewirtschafteten, nachhaltig produzierten Ölsaaten zu investieren. Gleichzeitig müssen sie sicherstellen, dass keine Ölsaaten in natürlichen Ökosystemen angebaut werden oder mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.

  • Ein kleinerer Anteil der Ölsaatproduktion wird für die Fleischproduktion (5 %) oder Biokraftstoffe (16 %) verwendet. Dies würde alternative Tier- und Energierohstoffe sowie eine Reduzierung des Fleisch- und Energieverbrauchs erfordern.

Das Recht zu wissen: Besorgte Verbraucher haben das Recht, über die Umweltauswirkungen der von ihnen konsumierten Öle informiert zu werden. Es fehlt jedoch häufig an objektive Beratungen für Ölverbraucher und -investoren. Die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit und Nachvollziehbarkeit ermöglicht eine informierte                       Entscheidungsfindung und trägt dazu bei, Hersteller, Investoren und Käufer zur Rechenschaft zu ziehen.